Der Styx fliesst durch Berlin

Heute wurde der Grundstein für das Humboldt Forum am Standort des ehemaligen Berliner Stadtschloss gelegt. Den Akteuren war bei dieser Unternehmung jedoch nicht ganz wohl. Überlegungen zu dem historisch kontaminierten Ort  in der Mitte der bundesdeutschen Hauptstadt.

Im Juli 2008 war vom Palast der Republik in Berlins Mitte nicht mehr viel zu sehen. Die vorgehängte Thermoglasfassade hatte man seit Beginn der Abrissarbeiten im Februar 2006 vollständig abmontiert, das Foyer samt Dachkonstruktion entfernt. In der Mitte des Baus klaffte ein gewaltiges Loch. Es gab den Blick über den Kupfergraben und die Spreeinsel frei, einen Blick bis zum Marx-Engels-Forum mit dem Fernsehturm. Lediglich die mächtigen Gleitkerne und Stahlkonstruktionen ragten wie eine monströse Höllenarchitektur in den Himmel: Der Styx fließt durch Berlin.

I. Vergessen – Die Berliner Spreeinsel als Totenreich

Die Unterwelt ist bis heute aus naheliegenden Gründen nicht zuverlässig kartographiert. Doch selbst wenn man keine genaue Vorstellung davon hat, wie es dort aussieht, verbindet man mit ihr Orte, die als Gegenwelten funktionieren. Man scheidet die eigene von einer Negativen, anderen Welt, ein Hier vom Dort, ein Diesseits von einem unerträglichen Jenseits, und setzt damit zugleich eine Ökonomie des Erinnerns und Vergessens in Gang.

Geschichte und Ikonologie der nördlichen Spreeinsel sind in besonderem Maße von diesen plutonischen Antinomien bestimmt. Seit der Palast der Republik per Volkskammerbeschluss 1990 geschlossen wurde, veranstaltete man davor regelmäßig laute Volksfeste und Weihnachtsmärkte. Die billige Unterhaltung sollte über die substanzielle Öde in der Mitte der Stadt hinwegtäuschen. Die Spreeinsel scheint ein entrückter Ort, an dem heute neben der Abrisshölle ein wenig Lustgarten-Purgatorium, mit den Museen einwenig Parnass aufscheint. Aber im Grunde hält sie nichts für Sterbliche bereit. Dieser Prozess des Entzugs von Urbanität hat schon früh eingesetzt. Die Hohenzollern bewohnten das Stadtschloss im 19. Jahrhundert kaum mehr und die Bürgerhäuser an der Schlossfreiheit mussten 1894 einem monumentalen Nationaldenkmal weichen, mit dem der erste deutsche Kaiser aus dem Haus der Hohenzollern gefeiert wurde. Von ihm ragt heute noch der Sockel in den Kupfergraben.

Die Spreeinsel erlebte Transformationen und Funktionswechsel, die in der Geschichte der europäischen Stadt ihresgleichen suchen. Dieser Prozess vollzog sich in radikalen Negationen und ist bis heute nicht abgeschlossen. Hier wurden nicht nur das Stadtschloss und nun der Palast der Republik beseitigt. In ihrem Umkreis verschwand eine Vielzahl von Bauten. Anfang der 1960er Jahre musste Friedrich Schinkels in der Substanz noch erhaltene Bauakademie einer modernistischen Büroscheibe des DDR-Außenministeriums weichen. Diese wurde ihrerseits als eines der ersten repräsentativen Bauten der DDR 1995 abgerissen. Etwas weiter nördlich stand auch Schinkels klassizistischer Packhof am Kupfergraben. Im Zuge der Planungen für ein „Weltkriegsmuseum“ ließen die Nationalsozialisten in den 1940er Jahren den Funktionsbau voreilig beseitigen. Und noch ein weiterer signifikanter Bau verschwand und wurde vergessen. Nach dem Abriss des Palasthotels 2001 kamen bei der Freiräumung des Grundstücks Fundamentreste der Berliner Börse zutage.

II. Zukunft versichern – Protestantische Heilsökonomie

Die Ikonologie der Spreeinsel als Unterwelt wurde durch die Börse diskret unterstrichen. Sie war seit ihrer Gründung im 17. Jahrhundert immer in der Nähe des Schlosses, zuerst im Pommeranzenhaus, dann in der Burgstraße untergebracht, nie im Bankenviertel der Friedrichstadt. Das Totenreich der Spreeinsel war mit der Stadt im Westen nur mit der Langen Brücke verbunden. Erst kurz vor der Jahrhundertwende kamen zwei Verbindungen hinzu, die Friedrichsbrücke an der Nationalgalerie und die Kaiser-Wilhelm-Brücke, für die ein Teil des Apothekenflügels des Schlosses abgerissen wurde.

Und seit 1864 gab es eine weitere, eine symbolische, das Geld: Noch während der langen Planungsphase für die monumentale Hofkirche und vor deren Weihung 1904 entstand auf der gegenüberliegenden Spreeseite die Berliner Börse. Sie wurde von dem Architekten und Bankierssohn Friedrich Hitzig ab 1859 in spätbarocken Formen à la Knobelsdorff direkt am Ufer errichtet. Opferstock und Aktienkurse waren so nur durch den Fluss getrennt. Der Soziologe Max Weber lieferte Anfang des vergangenen Jahrhunderts die These vom produktiven Zusammenhang zwischen Heiligem Geist und Geld, der Gnadenwahl Gottes und der Kapitalakkumulation. Mit dem Gegenüber von Dom und Börse bot Berlin ein sinnfälligeres Bild. Die absolute Grenze zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Himmelreich und Weltgetümmel war konkret geworden: Die Spree war auch aus der Sicht protestantischer Heilsökonomie ein Fluss der Unterwelt.

III. Verdrängen – Das Ende vom Volkspalast der Republik

Die Auseinandersetzung um die Gestaltung der nördlichen Spreeinsel ist am 19. Januar 2006 weitgehend entschieden. Eine Allianz aus Schlosslobbyisten und liberalen Museumstechnokraten hatte sich durchgesetzt. Der seit 1996 durch die Asbestsanierung entkernte Palast der Republik hat in der Berliner Mitte keinen Platz mehr. Die Oberfinanzdirektion Berlin vermietete ihn noch für eine Schau antiker Terrakottakrieger aus China. Man schwärmte von einem Volkshaus im Geist von Cedric Price und eine Initiative von Künstlern und Theaterleuten widmete ihn 2004 mit Aktionen und Ausstellungen über vier Monate zum „Volkspalast“ um. Doch der Deutsche Bundestag lehnte die Anträge zur zur Erhaltung des Bauwerks ab. Schon vier Jahre zuvor war der Bundestag den Empfehlungen einer Expertenkommission gefolgt, die einen Teilwiederaufbau des Schlosses und die Einrichtung des so genannten Humboldt-Forums befürwortete. Das Bundesbauministerium machte daraufhin 670 Mio. Euro für das Projekt frei.

Die Abrissmaschinerie folgte dem zweiten Bundestagentscheid auf den Fuß. Nach wiederholt verschobenen Terminen im Frühjahr und Oktober 2005 wird der Palast der Republik seit Februar 2006 abgetragen. Auf eine Sprengung wurde nicht nur aus ökologischen oder statischen Gründen verzichtet. Bilder davon hätten zu sehr an die Beseitigung des Stadtschlosses ein halbes Jahrhundert zuvor erinnert. Nun wird der Rückbau zur Herausforderung:  Durch den Auftrieb der Bodenwanne des einstigen Palastes der Republik würde der Grundwasserspiegel in einem weiten Umkreis absinken und die Standfestigkeit nicht nur des Berliner Doms gefährden. Für das abgetragene Material wird nun mit Wasser versetzter Sand in die Bodenwanne des Fundaments geleitet. Ironischer Weise wiederholt sich damit ein Vorgang, der vor über fünfhundert Jahren eine nachhaltige Zäsur in den Machtverhältnissen der Stadt bedeutete und die Trennlinien zwischen feudaler Autorität und bürgerlichem Selbstverständnis für Jahrhunderte festlegte. Die Frage nach Legitimation und Repräsentation von Macht wird auf der Berliner Spreeinsel seitdem mit Vehemenz ausgetragen.

IV. Haltung bewahren – Der Berliner Unwille

Bis in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts waren Cölln auf der Spreeinsel und Berlin auf der rechten Spreeseite gegenüber selbstständige Städte mit kaum mehr als achttausend Einwohnern. Zwei Rathäuser und ein gemeinsames drittes auf der Langen Brücke unterstrichen die städtische Autonomie. Umgeben von Mauern, Wällen und Gräben, glich die Stadt einer Burg, während draußen im Land die Pest, Adelsfehden und Raubrittertum die Mark Brandenburg langsam im Chaos versinken ließen.

Dies änderte sich erst, als der Nürnberger Burggraf Friedrich von Hohenzollern zum Hauptmann der Mark bestellt wurde und im Verein mit den Städten die Mark befriedete. Mit dem Regierungsantritt des Kurfürsten Friedrich II. 1440 beginnt dennoch ein mehrere Jahre dauernder Machtkampf zwischen dem Landesherrn und den Bürgern von Berlin und Cölln. Friedrich II. hebt den Zusammenschluss der beiden Städte auf und verbietet ihnen, Bündnisse einzugehen und an den Hansetagen teilzunehmen. Er zwingt die Städte dazu, ihm Land zur Errichtung eines Schlosses abzutreten, das die landesherrliche Stellung weiter stärken sollte. Im Sommer 1443 legte der Kurfürst persönlich den Grundstein. Ein kurfürstlicher Richter zieht in das gemeinsame Rathaus auf der Langen Brücke ein. Damit hatte die Doppelstadt an der Spree ihre wesentlichsten städtischen Freiheiten eingebüßt. Doch die Bürger wehren sich gegen den Schlossbau: 1448 erheben sie sich im schon zu dieser Zeit so genanten „Berliner Unwillen“ und verweigern dem Hofrichter den Zutritt in die Doppelstadt. Sie stürmen die kurfürstliche Kanzlei, zerstören das Stauwehr an der Schlossbaustelle und setzen damit den Bauplatz der „Zwing Cölln“ unter Wasser.

Zwar vermied Friedrich II. einen Truppeneinsatz. Er erwirkte stattdessen eine Schiedsgerichtsverhandlung vor den Landständen in Spandau und brachte einen Kompromiss zustande, der die faktische Unterwerfung der Städte bedeutete. Die Renitenten kamen mit Geldstrafen, Lehnsentzug und Verbannungen davon, während der Führer der kleinen Partei, die sich für den Landesherren aussprach, Balthasar Boytin, mit dem Posten des Bürgermeisters belohnt wurde.

Das lokale Ereignis machte Schule. Nach dem Exempel des „Berliner Unwillen“ wurde die städtische Autonomie im gesamten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation durch feudale Ansprüche weitgehend aufgehoben. Friedrich II. ließ den nordöstlichen Wehrturm der Cöllner Verteidigungsmauer zur Langen Brücke in seine Residenz einbauen, eine strategische Maßnahme als deutliches Zeichen dieses Strukturwandels. Er blieb als „Grüner Hut“ bis zum Abriss ein sichtbarer Teil des Schlosses. Jahrzehnte später errichtete Kurfürst Friedrich III. nicht zufällig nach seiner Nobilitierung zum ersten König in Preußen auf der Langen Brücke nebenan das Reiterstandbild seines Vaters, des Großen Kurfürsten: Der bronzene Widergänger im Cäsarentypus legitimierte einerseits den Sohn, in der dynastischen Folge, andererseits erinnerte er die Bürger an der Stelle ihres einstigen Rathauses unmissverständlich, wer auch jetzt noch das Sagen hat.

V. Erinnern – Die Kavalkade der Untoten

Während über die Jahrhunderte die südliche Spreeinsel um die Petrikirche städtisches Siedlungsgebiet war, blieb der nördliche Bereich mit der so genannten Stechbahn, dem Schloss und dem Lustgarten weitgehend der landesherrlichen Repräsentation vorbehalten.

An der wichtigsten Verkehrsachse der Stadt vom Alexanderplatz zum südlichen Schlossplatz, der Rathaus- bzw. Königstraße, wurde nach der Erhebung Friedrichs III. 1701 zum König in Preußen das erwähnte Reiterstandbild seines Vaters errichtet. Der vorbildliche Herrscher sollte auch nach seinem Tod bildlich präsent bleiben und den Machtanspruch des Nachfolgers mit herkulisch antiker Entschlossenheit unterstreichen. In sichtbarer Nähe zum Schloss, in einer Ausbuchtung auf der Langen Brücke, war es Vermittler zwischen den Welten – der Bürgerstadt und der gesalbten Welt des absoluten Herrschers. Wer sich diesem Anspruch zu widersetzten wagte, wurde am Sockel des Reiterdenkmals deutlich an die Konsequenzen erinnert: Die so genannten Sklaven, Darstellungen der vier Temperamente, konnte der Vorübergehende durchaus auf sich beziehen. Die Figuren sind in Ketten gelegt.

Die herrschaftliche Bildpolitik der Hohenzollern beschränkte sich in den folgenden hundertfünfzig Jahren auf architektonische Zeichen, den Ausbau des Schlosses, das Forum Fridericianum an der Straße unter den Linden, der Beginn der Museumsinsel mit dem Museumsbau Schinkels im Lustgarten.

Nach den Napoleonischen Kriegen und in den Folgejahren der gescheiterten Revolution von 1848 kam es zu einer Musealisierung des gesamten Areals. In einer Reihe von Weltmuseen sollte zum einen die Überlegenheit der europäischen Kultur, in der die germanische den Höhepunkt darstellte, vorgeführt, zum anderen die dynastische Souveränität der Hohenzollern durch repräsentative Reiterdenkmäler unterstrichen werden – eine Kavalkade der Untoten vom Großen Kurfürsten bis zu Kaiser Wilhelm I.

Das Monument für Friedrich den Großen nach einem Entwurf von Daniel Rauch wird 1851 als westliches Widerlager zum Großen Kurfürsten auf der Langen Brücke unter den Linden eingeweiht. Seine Aufstellung ist der Auftakt zu einer ganzen Schwemme von Selbstdarstellungen des Hohenzollernhauses in Bronze hoch zu Ross. Doch sie sind nicht mehr als ein Ausdruck der dynastischen Legitimationsnot und Krise, die im Neptunbrunnen auf dem Schlossplatz und dem Nationaldenkmal an der Schlossfreiheit auf besonders absurde Weise zu Tage tritt: Mit dem Neptunbrunnen huldigte das Berliner Bürgertum Wilhelm II. als Meeresbezwinger, während dessen Großvater in einer überbordenden Szenografie als zweiter Barbarossa gefeiert wurde. Alle Denkmale bleiben bis in die Bombennächte des zweiten Weltkriegs erhalten.

VI. Konfrontation – Volkskörper versus Baukörper

Seit der Revolution 1848 diente der Lustgarten zunehmend als Ort der politischen Öffentlichkeit. Willhelm II. verkündigte vom Portal IV des Stadtschlosses den Eintritt des Deutschen Reiches in den Ersten Weltkrieg, Karl Liebknecht rief am 9. November 1918 von dort die erste Republik aus. Während der Weimarer Republik fanden hier wiederholt Massenversammlungen der Arbeiterschaft statt. Das Schloss war funktionslos geworden und konnte in den Folgejahren in den musealen Bestand der Spreeinsel aufgenommen werden. Das Kunstgewerbemuseum wurde hier untergebracht. Von der Metropole Berlin war hier nichts zuspüren. Auch wenn im Schloss die erste elektrische Beleuchtung der Stadt installiert worden war, hatte sich Preußen auf der Spreeinsel gegen eine Modernisierung petrifiziert. Mit dem Abriss des Schinkelschen Packhofes und der Einplanierung des Lustgartens 1934 tilgte der Nationalsozialismus jedoch auch hier den letzten Rest ziviler, nicht uniformer Öffentlichkeit. Mit den Blumen-Rabatten auf dem Lustgarten verschwand nicht nur die letzte Ahnung eines diesseitigen Locus amoenus unter Steinplatten. Statt Eros paradierte nun Tanatos im Drill der 1. Maifeiern. Und Friedrich-Wilhelm III., den man zwischen die Bäume am Kupfergraben gestellt hatte, guckte nun nicht mehr aufs Schoss, sondern, wie die Börse von der anderen Seite, mit Jenseitserwartung auf den Dom. 1942 fand hier die Propagandaausstellung „Im Sowjetparadies“ statt, die freilich ganz im Geist des Ortes die Höllenfratze des Kommunismus zeigen wollte.

Wenn der Lustgarten als der Ort einer revolutionären Masse galt, war es naheliegend der revolutionären Masse Raum zu geben. Das Politbüro des ZK der SED entschied sich 1950 zu einem radikalen Schnitt. Das Schloss war im Krieg erheblich beschädigt worden. Den Erhalt oder gar Wiederaufbau erachtete man für zu kostspielig und in Anbetracht der wirtschaftlichen Situation unverantwortlich. Man setzte also Volkskörper gegen Baukörper, setzte bewegte Masse gegen Monument, Performanz gegen Permanenz. Das Schloss wurde – auch gegen Bedenken aus den eigenen Reihen und Proteste aus dem Westen – gesprengt. Mit der Beseitigung des Schlosses konnte nun auch in den Aufmärschen die kampflose Überwindung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft antizipiert werden.

Der Spreeinsel wurde ihr plutonischer Charakter damit nicht genommen. Im Gegenteil. Nach Abzug der FDJ und Betriebskampfgruppen am 1. Mai und dem Gründungstag der Demokratischen Republik blieb zwischen den Tribünen an der Spree ein staubiger Platz zurück. Er blieb bis in die 1970er Jahre fester Bestandteil der staatlichen Repräsentation der symbolischen Volksmassen. Er blieb Tabu, so dass auch die Hauptstadtplanungen der frühen 1960er Jahre vom Alexanderplatz über das neu zu gestaltende Marx-Engels-Forum an der Spree vor ihm Halt machten. Der bestätigte Bebauungsplan des Kollektivs um P. Schweizer 1961 stellt lediglich eine Brückenverbindung zwischen einem als Stadtkrone gedachten turmartigen Volks- und Kulturhaus und der Ehrentribüne her, während der Zu- und Abfluss der demonstrierenden Massen und Militäreinheiten durch Straßenverbreiterungen nach Süden erleichtert werden soll. Der gebaute Raum tritt weiter hinter die Bewegung zurück – Aufenthalt und Besinnung, Monument und Erinnerung sollen an dieser Stelle einem Aufbruch in die Zukunft nicht im Wege stehen.

Mit dem Machtwechsel an der DDR-Spitze 1971 zeichnet sich auch für Berlins Mitte eine Neuorientierung ab. Nach Westen und Süden hatte man den Platz mit dem Außenministerium und dem Staatsratsgebäude bereits eine wenn auch lockere Fassung geschaffen. Mit dem Bau des Palastes der Republik bis 1976 sprang das Volkshaus auf die Spreeinsel. Als Multifunktionsgebäude stellte es nun den aufgeblasenen Rahmen für eine kleinbürgerliche Wabengesellschaft, die für das Marschieren nicht mehr so viel übrig hatte.

Ausblick

In einigen Monaten wird vom Palast der Republik nicht mehr übrig sein als die Fundamentwanne, die in einen Nachfolgebau integriert werden muss. Wie schon mit dem Abriss des Stadtschlosses wird nicht nur ein ungeliebtes Gebäude beseitigt, sondern symbolisch die gesamte DDR als Irrgang der Geschichte in den Orkus geschickt. Nach diesen Betrachtungen ist es naheliegend, dass das Stadtschloss und Palast der Republik wie der Nachfolgebau in der Ordnung der Unterwelt stehen. Mit der Entscheidung für den Teilwiederaufbau des Schlosses ist die Chance vertan worden, über eine städtebauliche Neuorientierung nachzudenken. Jede Architektur die den barocken Bau integrieren muss, wird dieser untergründigen Logik folgen. Das Humboldt-Forum mit Stadtschlossfassade entgeht ihr nic

Der Essay erschien in leicht veränderter Fassung im Katalog zur Ausstellung „Der Blinde Fleck“, NGBK Berlin , 13.09 – 19.10. 2008, ISBN: 978-3-938515-20-4

Über Max_Glauner

Lecturer, Researcher, Autor & Cultural Journalist Zürich | Berlin
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