Oberflächendrama. Werner Büttner. Malerei 1981 – 2022 in der Galerie Max Hetzler Berlin

Werner Büttner, „Weißes Haus“, 1985, Foto: Max Glauner

Angesichts des täglichen Tippens und Swipens auf glatten Benutzeroberflächen kann sich das optische Abtasten einer pastos bemalten Leinwand geradezu skandalös ausnehmen. Erst recht da, wo zwischen Farbe und Auge kein schützendes Glas angebracht wurde. Werden gleich fünfzehn Öl-Gemälde erster Güte ohne Glas präsentiert, wie jetzt bei „Werner Büttner. Malerei 1981 – 2022“ in der Charlottenburger Galerie von Max Hetzler, kann getrost von einem Ereignis gesprochen werden. Wir bleiben ungeachtet der Figurationen mit dem Blick auf ihrer Oberflächenlandschaft kleben. Wie Fliegen in der Falle.

Büttner, der Anfang der 1980er-Jahre mit der Hamburger Kunstszene um die Oehlen-Brüder und Martin Kippenberger und nicht zuletzt dank seines Galeristen-Freundes Hetzler zum augenzwinkernden Künstler-König und Akademieprofessor aufstieg, mochte sich so etwas gedacht haben, als er sein Gemälde „Weißes Haus“, 1985, 2m x 2m, mit drei von grob verspachtelter weißer Farbmasse gehaltenen Fliegen-Klebstreifen ausstattete.

Eyecatcher geben Büttners oft kalauernden Motive immer ab, von „Stalins“ Stiefeln 1985 bis zu den blauen Tränenköpfen vor rotem Hammer-und Sichel-Signet in „Düsterer Nachruf“, 2022. Seine anfangs wild-pastosen Bilder, die Farbkleks und -schlieren nicht scheuen, werden mit den Jahren konturierter, heller, im Farbauftrag weniger Schlachtfeld, fast heiter. Der Künstler gönnt sich und seinen Betrachterinnen und Betrachtern Ruhe ohne Biss zu verlieren. So verbreitet Büttner in der Bleibtreustraße gute Laune im ansonsten flauen Berliner Kunstsommer.

Zuerst erschienen in tip-Stadtmagazin Juli/August 2023

Über Max_Glauner

Lecturer, Researcher, Autor & Cultural Journalist Zürich | Berlin
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